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Furtwangen Deutsches Uhrenmuseum

Vor mehr als 100 Jahren war eine Reise von Villingen nach Schwenningen zugleich eine Reise durch die Zeit. Denn im badischen Villingen galt die Karlsruher Ortszeit, im benachbarten württembergischen Schwenningen wiederum die Stuttgarter. Darüber erzählt das Deutsche Uhrenmuseum in Furtwangen.

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Die Uhr umstellen mussten ebenso Reisende in die nahe Schweiz, weil sich die dortigen Uhren an die Berner Landeszeit orientierten. Die Uhr wurde um vier Minuten vorgestellt, während sie wiederum im Schwäbischen um drei Minuten nachging. Den Reisen durch die Zeit und der Erfindung der heute so selbstverständlichen Weltzeit gelten die Exponate im Deutschen Uhrenmuseum in Furtwangen.

In früheren Zeiten hatten Länder und Fürstentümer ihre jeweils eigene Landeszeit; meist orientierte sie sich an der Hauptstadt. Das führte dazu, dass Reisende rund um den Bodensee etliche Male ihre Uhren umstellen mussten: Zunächst beim Grenzübertritt bei Kreuzlingen (Berner Zeit) nach Konstanz (Karlsruher Zeit). Um drei Minuten weitergestellt wurden die Uhren im württembergischen Friedrichshafen. Im bayerischen Lindau galt die Münchener Zeit, die der Stuttgarter um neun Minuten vorging.

Wenige Kilometer später, im österreichischen Bregenz, hieß es noch einmal, die Zeiter zu stellen und zwar um ganze 16 Minuten, denn die Österreicher richteten sich nach der Prager Zeit. Bei der Rückkehr in die Schweiz schließlich wurden die Uhren um ganze 32 Minuten zurückgestellt, damit sie wieder die Berner Zeit anzeigte.

Dieser Zeitenwirrwarr bescherte erst mit der Einführung von Telegraphen und Eisenbahnen Probleme. Bis dahin hatten sich die Menschen sogar innerhalb einer einzigen Stadt mit den verschiedenen Zeiten arrangiert. So hatte Genf eine eigene Ortszeit, während sich die dortige Post nach der Berner Zeit orientierte und die Eisenbahn ihre Fahrpläne auf die Lyonzeit abgestimmt hatte. “Die Reisenden waren früher ständig mit der Uhr beschäftigt”, weiß Eva Renz vom Deutschen Uhrenmuseum in Furtwangen, die derzeit mit den Vorbereitungen einer ebenso ungewöhnlichen wie interessanten Ausstellung beschäftigt ist.

Denn die uns heute als selbstverständlich erscheinende globale “Zeitordnung” wurde in Deutschland erst am 1. April 1893 als Mitteleuropäische Zeit eingeführt. Vorangegangen waren weltweit etliche Tagungen und Diskussionen. Der kanadische Ingenieur Sandford Fleming schlug vor, die Welt in 24 Zeitzonen zu je 15 Längengraden einzuteilen. Ein anderer Vorschlag wollte für die ganze Welt eine einzige Universalzeit einführen. Beiden Vorschlägen war eine diplomatisch delikate Frage gemeinsam: Wo soll die Zeit beginnen? Denn Großbritannien bestand auf dem Längengrad von Greenwich, Frankreich auf dem von Paris.

Auf einer internationalen Konferenz im Jahr 1884 in Washington einigten sich die Gelehrten darauf, die Welt in 24 Zeitzonen einzuteilen und als Nullmeridian Greenwich festzulegen. In den folgenden Jahren führen die meisten europäischen Staaten die Zeitzonen ein: Deutschland 1893, die Schweiz ein Jahr später. Seither braucht man von Villingen nach Schwenningen oder rund um den Bodensee die Uhren nicht mehr umzustellen. Frankreich führte die neue Zeit erst 1911 ein; und auch danach vermied es tunlichst den Namen Greenwich. Als Landeszeit wurde die Pariser Zeit minus 9 Minuten und 21 Sekunden gesetzlich festgelegt. Das entspricht genau der Zeit des Greenwicher Nullmeridians.

Die Giraffe auf die Schwarzwalduhr

Die Geschichte beginnt im Jahr 1826 in Ägypten. Damals regierten dort die Osmanen. Und ihr Statthalter Mehmet Ali hatte etwas wieder gut zu machen. Im Jahr zuvor hatte er türkische Truppen nach Griechenland geschickt, um den dortigen Freiheitskampf niederzuschlagen. Damit verärgerte er jedoch die europäischen Großmächte. Um diese wieder freundlich zu stimmen, wollte ihnen Mehmet Ali ein außergewöhnliches Geschenk machen, eine Giraffe. Drei junge Giraffen wurden im Sudan gefangen, zu Mehmet Alis Hof nach Alexandria gebracht und gezähmt.

Von dort aus ging ihre Reise per Schiff weiter nach Triest, Marseille und London. Dazu mussten Öffnungen in das Schiffsdeck gesägt werden, damit die langen Hälse der Giraffen Platz fanden. Ein rotes Amulett sollte die Tiere auf der Überfahrt und in der Fremde vor bösen Geistern schützen. Die beiden Giraffen für Großbritannien und Österreich starben schon nach kurzer Zeit, nicht so die für Frankreich bestimmte. Im Oktober 1826 kam sie in Marseille an, wo sie in einem eigens für sie erbauten Stall den Winter verbringen und sich an das europäische Klima gewöhnen konnte. Erst im Mai 1827 ging die Reise zu Fuß weiter. Mit dem Tier zog eine große Zahl von Begleitern: ihre beiden ägyptischen Führer, Gepäckträger, Gendarmen und Übersetzer, sogar der berühmte Naturforscher Geoffroy Saint-Hillaire war dabei.

Am 30. Juni 1827 hieß König Karl XI. die Giraffe samt ihrem Tross im Pariser Jardin des Plantes willkommen. Die Ankunft der “schönen Afrikanerin” löste in ganz Frankreich eine regelrechte “Giraffomanie” aus, da bisher noch niemand ein solches Tier gesehen hatte. Aus dem ganzen Land reisten Interessierte nach Paris, und man fand Giraffen auf Vasen, auf Salzstreuern oder Tabakdosen und als Briefbeschwerer. Schmuckstücke wie Broschen, Ketten und Fächer zierte das Abbild der Giraffe. So wurde das Jahr 1827 zum “Jahr der Giraffe”. Moden sind jedoch bekanntermaßen kurzlebig, und so ging es auch der Giraffe. Von ihrem Tod Anfang 1845 nahm kaum jemand Notiz. Doch wie kommt die Giraffe auf eine Schwarzwalduhr? Seit dem 18. Jahrhundert verkauften die Schwarzwälder ihre Uhren in ganz Europa und sogar in Übersee. Im Schwarzwald sorgten Großhändler, die sogenannten Packer, für die Nachlieferungen. Durch die Bestellungen der Uhrenhändler aus Frankreich erfuhr man auch hier von der Giraffenmode und gestaltete die Zifferblätter für den französischen Markt entsprechend. Als Vorlage dienten populäre Lithographien, oft ergänzt mit anekdotischen Details wie z.B. dem roten Amulett und den beiden ägypitschen Führern.

Das Uhrenmuseum und seine Geschichte

Das Deutsche Uhrenmuseum darf für sich in Anspruch nehmen, eines der größten Uhrenmuseen der Welt zu sein. Anlässlich der Anitk-Uhrenbörse wurde auch das Jubiläum dieser 150 Jahre alten Institution gefeiert. Am 29. August 1852 rief das “Gewerbeblatt für den Schwarzwald” die Bevölkerung auf, alte Uhren bei der Großherzoglich Badischen Uhrmacherschule abzugeben. In den Folgejahren entstand eine Sammlung historischer Schwarzwälder Holzräderuhren, aus der sich schließlich das Deutsche Uhrenmuseum entwickelte.

Verfasst wurde der Aufruf von Robert Gerwig, dem ersten Direktor der Furtwanger Uhrmacherschujle. Bekannt werden sollte Gerwig mit seinem genialen Entwurf für die Schwarzwaldbahn, die Vorbild für viele andere Gebirgsbahnen, unter anderem auch für die von ihm geplante Gotthardbahn, war.

Ebenso visionär wie seine Eisenbahnpläne war die Idee, technisches Kulturgut aus früheren Epochen am Beispiel Uhr für die Nachwelt zu bewahren. Kaum eine andere technikgeschichtliche Sammlung in Deutschland kann auf eine derart lange Tradition verweisen. Bedingt durch diesen Entwicklungsvorsprung konnten insbesondere in den ersten Jahren einige Höhepunkte der Sammlung wie die astronomisch-geographische Uhr von Thaddäus Rinderle erworben werden, die als eine der bedeutendsten Schwarzwalduhren überhaupt gilt.

Seit 1874 ständig zusammen mit der aktuellen Uhrenproduktion in der neu erbauten Furtwanger Gewerbehalle ausgestellt, etablierte sich die historische Uhrensammlung bald als besonders sehenswertes Reiseziel. Kaum ein Reiseführer des entstehenden Schwarzwaldtourismus wird fortan auf die lobende Erwähnung der Sammlung verzichten.

Einen wesentlichen Entwicklungsschub erhielt die historische Sammlung noch einmal in den 1970-er Jahren. 1975 kaufte das Land Baden- Württem- berg das private Uhrenmuseum des Industriellen Hellmut Kienzle (Schwenningen) und übergab diese bedeutende Sammlung mit Schwerpunkt auf Tischuhren der Renaissance und des Frühbarock sowie Taschenuhren dem Furtwanger Museum zur wissenschaftlichen Bearbeitung. In diesen Jahren wurde auch ein repräsentativer Querschnitt elektrischer Uhren und mechanischer Wecker erworben. Damit war eine der thematisch umfassenden und größten öffentlichen Uhrensammlungen entstanden, die von einfachen Alltagsuhren bis hin zu exklusiven Luxusgegenständen und kostbaren Präzisionsinstrumenten reicht. Es war deshalb folgerichtig, dass die historische Uhrensammlung 1978 in “Deutsches Uhrenmuseum Furtwangen” umbenannt wurde.

Heute besteht die Sammlung aus etwa 8000 Objekten. Etwa 100.000 Gäste besuchen jährlich das moderne Museumsgebäude mit 1600 Quadratmeter Ausstellungsfläche, um eine Auswahl von etwa 1500 Uhren oder eine der wechselnden Sonderausstellungen zu besichtigen. Insbesondere die täglichen Vorführungen vermitteln ein eindrückliches Erlebnis der Faszination historischer Uhren und mechanischer Musikinstrumente.

Anlässlich des Jubiläums “150 Jahre Uhrenmuseum Furtwangen” wurde im Foyer eine Ausstellungswand rekonstruiert, wie sie im früheren Museumsbau um 1935 zu sehen war. Sie zeigt sieben historische Uhren mit kostbaren, teils reich vergoldeten und verzierten Gehäusen. Ergänzt wurde diese Wand um eine letztjährige Neuerwerbung des “Vereins zur Förderung des Deutschen Uhrenmuseums”: Das Einzelstück einer Konsolenuhr im Stil des Neo-Rokoko wurde um 1900 von der Großherzoglich Badischen Schnitzereischule gefertigt.

Im Mittelpunkt des Ensembles steht ein großer geschnitzer Prunkrahmen mit einem Zitat aus Goethes Faust II: “Was Du ererbt von Deinen Vätern, Erwirb es, um es zu besitzen.” Diesem Motto fühlt sich das Deutsche Uhrenmuseum noch heute verpflichtet: Sammeln, Bewahren, Erforschen und darüber hinaus Vermitteln bilden heute die Säulen der täglichen Museumsarbeit.
Öffnungszeiten
Dienstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr; Führung 14 Uhr

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